Die Stille nach dem Fernsehpreis - Meine Erlebnisse bei ARD und ZDF (5)

Eine Hintergrundgeschichte in fünf Teilen

von Fred Kowasch

Wenn man selbst Abstand gewonnen hat, ist es durchaus angebracht, etwas ins Plaudern zu kommen. Vor allem, wenn man das Objekt - über dass seit der 'Affäre Schlesinger' viele reden - aus dem Innersten kennt. Mehr als 25 Jahre habe ich für ARD und ZDF gearbeitet. Zunächst fünf Jahre als freier Mitarbeiter, dann als Journalist, der eine Produktionsfirma betreibt. Dabei lernt man Einiges kennen. Stoff genug für ein Buch allemal. Über den RBB (früher SFB), den MDR, das ZDF und den WDR ....


Herbst 2007
ZDF-Morgenmagazin, zdf.reporter, ‚Sport inside‘ vom WDR. Es hatte für mich immer einen besonderen Reiz, etwas Neues zu machen. Bei einem neuen TV-Format von Anfang an dabei zu  sein. Diese Aufbruchsstimmung, diese Lust am Experiment, dieser gemeinsame Wille eine Sendung auch bekannt zu machen. Erleben, wie die eigene Arbeit wirkt.  

So auch bei ‚Sport inside‘. Engagierte Redakteure, die Lust auf ein Experiment hatten. Denen Widerstand - auch innerhalb der WDR-Sportredaktion (zu der auch die Sportschau zählt) - egal war. Eine Sendung, die eigene Themen setzte, sich dem investigativen Sportjournalismus widmete. So etwas gab es bis dato nicht in der deutschen TV-Landschaft. Die Zeit schien - nach all den Doping-Skandalen um das ‚Team Telekom’ - einfach reif dafür.  

Was hinzu kam: während Redaktionen wie Frontal 21 für Auftrags-Produzenten immer unattraktiver wurden (ja, investigativer Journalismus kostet viel Geld), konnte man als Produzent beim WDR aus dem Vollen schöpfen. Der Etat der Sportschau, aus dem ‚Sport inside’ im Wesentlichen finanziert wurde, schien gut gefüllt. Die Sendung - das ‚Baby‘ von WDR-Sportchef Steffen Simon. Ein cleveres Baby, das Schlagzeilen machte, für Fernsehpreise nominiert wurde, der Sporteventberichterstattung kritische Inhalte entgegensetzte. Faktisch damit die hohen Sportrechtekosten argumentativ legitimierte.  
fernsehpreis 2011 roter teppich1Schaulaufen auf dem 'Roten Teppich' beim Deutschen Fernsehpreis 2011 in Köln. Foto: Fred Kowasch. All Rights Reserved.

In einer der ersten Sendungen - ein medialer Paukenschlag. Deutscher Tennisprofi behauptet: Spiele abgesprochen und Wetten manipuliert. Obwohl die TV-Quote an diesem Montagabend im WDR-Programm sehr überschaubar war - das Medienecho danach ist es nicht. Eine halbe Seite in der BILD-Zeitung, der britische Guardian berichtet, selbst die US-amerikanische Tennis-Legende John McEnroe kommentiert unsere Story.  

Ein paar Wochen später legen wir mit neuen Details nach. Diesmal finden sich die größten Gegner im eigenen Haus. Ein Hausjurist, dem es offensichtlich um das Wohl eines von uns  namentlich benannten deutschen Tennisprofis geht. Ein Sportschau-Moderator, der (völlig unüblich) persönlich zur Filmabnahme im Schneideraum erscheint und unsere Recherchen kritisiert. Wenigstens waren ab da die Fronten klar. 

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PR im Programm? Vorwürfe gegen den NDR Hamburg (25 min, ZAPP, NDR)

Nach Wochen des Schweigens. Immerhin. Sie berichten. In der nun schon dritten Schwerpunktsendung in Folge befasst sich das NDR-Medienmagazin ZAPP mit internen Vorgängen innerhalb der ARD. In dieser Ausgabe geht es darum, wie die Chefin eines Landesfunkhauses PR-Beiträge der Medienagentur ihrer Tochter ins aktuelle Programm gehievt haben soll. Was auffällt: wie groß die Angst innerhalb der Sender sein muss, auf derartige Vorgänge hinzuweisen. Weil man dann seinen Job verliert, verlieren kann. Ähnliches wird auch aus dem RBB berichtet. Und war auch im WDR nicht anders. Frei nach dem Motto: 'Wenn Du es Dir mit dem Redakteur verdirbst, ist Schluß mit lustig' ....

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Im Wortlaut: Hagen Brandstäter an die RBB-Belegschaft (08.08.2022)

"Liebe Kolleginnen und Kollegen,

es steht nicht gut um den rbb. Über Wasser gehalten haben ihn in den vergangenen Wochen vor allem die Menschen, die sich ungeachtet aller Störungen von innen und außen jeden Tag um ihre Arbeit gekümmert haben, im Programm, in der Verwaltung, in der Produktion. Deshalb beginne ich mit meinem Dank an Sie: Für viele von Ihnen war die tägliche Arbeit oft am Rande der Zumutung. Sie mussten und müssen Fragen, Beschimpfungen, Häme über sich ergehen lassen, die ihre Ursache nicht in Ihrer Arbeit hat, sondern in dem, was an der Spitze des Hauses getan oder versäumt wurde. Wer so etwas zumindest nicht bei der Arbeit erleben musste, erlebte es trotzdem im privaten Kreis. Ich danke Ihnen allen für Ihre Loyalität zu diesem Sender und zu unserem Publikum. Ich bitte Sie gleichzeitig um Entschuldigung dafür, dass wir, dass die Geschäftsleitung des rbb diese Situation nicht verhindern oder wenigstens schnell abwenden konnten bzw. es verhindert haben.

Seit gestern Abend liegt die Leitung des rbb in meinen Händen, ich nehme diese Aufgabe im Team mit der Geschäftsleitung an. Ich sehe unsere wichtigste Aufgabe darin, jetzt auf Sie alle zuzugehen und um Ihr Vertrauen zu werben. Voraussetzung für neues Vertrauen ist aus meiner Sicht die Aufklärung aller Fragen, die uns jetzt vorliegen. Wir sind damit noch nicht sehr weit, ein Blick ins Intranet zeigt das. Aber wir machen Fortschritte, ich bitte Sie um Geduld. Und: wir sollten gemeinsam den Blick nach vorne richten.

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Im Wortlaut: ".... sehr geehrte Mitglieder des Rundfunkrates, ...."

"An den Rundfunkrat des RBB

Vertreten durch seine Vorsitzende Frau Friederike von Kirchbach

Sehr geehrte Frau von Kirchbach,

sehr geehrte Mitglieder des Rundfunkrates,

hiermit verzichte ich gemäß $ 8 Ziffer 3 lit. b) meines Dienstvertrages auf die Fortsetzung meines Dienstverhältnisses. Dieser Verzicht erfolgt gemäß der vorgenannten vertraglichen Regelung unter Beachtung einer Ankündigungsfrist von sechs Monaten zum Monatsschluss mit Wirkung zum 28. Februar 2023.

Ich bin gerne bereit, diese Ankündigungsfrist im gegenseitigen Einvernehmen mit dem RBB zu verkürzen, wenn sichergestellt ist, dass es sich dabei um einen vertragsgemäßen Verzicht im Sinne des 9 8 Ziffer 3 lit b) handelt. Ich bzw. mein Anwalt haben Ihnen hierzu bereits einen Vorschlag unterbreitet.

Mit fällt dieser Schritt unendlich schwer. Die persönlichen Anwürfe und Diffamierungen haben aber ein Ausmaß angenommen, das es mir auch persönlich unmöglich macht, das Amt weiter auszuüben.

Von ganzem Herzen bedanke ich mich für die so gute Zusammenarbeit der vergangenen Jahre.

Mit herzlichem Gruß Patricia Schlesinger"


Quelle: https://twitter.com/alx_froehlich/status/1556341396369555462

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Der Fall Patricia Schlesinger - Rücktritt als RBB-Intendantin angeboten

von Fred Kowasch

08.08.2022 (20:00 Uhr)
Nach Informationen der BILD-Zeitung hat die Intendantin des öffentlich-rechtlichen Senders Radio-Berlin-Brandenburg (RBB) dem Rundfunkrat ihren Rücktritt angeboten. Vorher waren - in Medienpublikationen des Springer-Verlages - neue Vorwürfe aufgetaucht. Hier ging es um private Fahrten mit ihrem Dienst-PKW für ihren Ehemann und die Ausstattung ihres Intendantenbüros an der Berliner Masurenallee. Dort sei in ihrem Büro ein Edel-Parkett für für 16.783,82 Euro eingebaut worden. Weiterhin gab es Massagesessel und eine Pflanzenwand mit automatischer Bewässerung, wie die BILD-Zeitung weiter berichtet. Insgesamt hätte der Umbau der Chefetage 658.112,25 Euro gekostet.

05.08.2022 (17:37 Uhr)
20:12 Uhr gestern in der Tagesschau. Es war eine kleine Meldung nur. Mehr nicht. Die faktisch besagte: Patricia Schlesinger tritt wegen Korruptionsvorwürfen von ihrem Amt als ARD-Vorsitzende zurück. Es übernimmt - bis Jahresende - der WDR. Heute dann: die 'Einschläge' kommen näher. Medien-Kommentar folgt auf Medien-Kommentar. Selbst der - noch amtierenden - RBB-Intendantin generell Gutgesinnte rücken von ihr ab. Politiker, Mitarbeiter, Journalisten. Unterdessen kündigt 'Business Insider' neue Enthüllungen an. Und für Montag, den 08.08.2022 um 16 Uhr hat der RBB-Rundfunkrat eine Sondersitzung einberufen. Er hat die Intendantin gewählt, er kann sie auch wieder absetzen.

29.07.2022 (update)
Es geht weiter in der Causa der ARD-Vorsitzenden. Regierungsrabatt, Massagesitze, Privat-Chauffeur. Pikante Details aus dem Intendantenleben. 'Business Insider' legt nach. Interessant dürften vor allem die privaten Fahrten mit der Luxuslimousine sein. Unterdessen berichtet der 'Tagesspiegel', dass die Berliner Staatsanwaltschaft keinen Anfangsverdacht für ein Ermittlungsverfahren gegen Patricia Schlesinger sieht. Und: beim kritischen öffentlich-rechtlichen Medienmagazin ZAPP (NDR) ist - offensichtlich - noch immer Sommerpause. Zur Erinnerung: einst machte man dort Schlagzeilen mit einer unerschrockenen Berichterstattung über die lukrativen Nebentätigkeiten des (damaligen) Tagesthemen-Moderators Tom Buhrow ....

Bemerkenswert heute: die klare Stellungnahme vom Deutschen Journalistenverband (DJV). Der DJV-Vorsitzende Frank Überall wird wie folgt zitiert: "Ob klärungsbedüftige Beraterverträge, die Abrechnung von Bewirtungen in den eigenen vier Wänden oder schließlich die Fragen rund um den Dienstwagen - das alles hat das Potenzial, die Glaubwürdigkeit des öffentlich-rechtlchen Rundfunks massiv zu erschüttern. Als Amtsträgerin im rechtlichen Sinne wäre Frau Schlesinger gut beraten, weniger öffentlich über Kräfte zu lamentieren, die ihr schaden wollen. Darüber hinaus gibt es auch einen moralischen und berufsethischen Anspruch auf umfassende und rückhaltlose Aufklärung, damit der Ruf von RBB und ARD keinen Schaden nimmt." 

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