Klare Kante: Warum ich heute wieder verweigern würde
Der 18. März. 1848, die Barrikadenkämpfe der Märzrevolution in Berlin. 1990, die erste (und einzige) freie Wahl zur Volkskammer in der DDR in Folge der Revolte gegen die SED-Diktatur. 2025, die Grundgesetzänderung zur Aufnahme von - de facto - Kriegskrediten für eine neue Aufrüstung?

Vor dieser Frage stand ich schon einmal. Als 17- und 22jähriger. Zunächst habe ich den Waffendienst verweigert. Später dann gegenüber dem Wehrkreiskommando der Nationalen Volksarmee der DDR meine totale Verweigerung erklärt. Den vergilbten Brief von damals habe ich noch.
Es war keine einfache Zeit. Der Vorsitzende der Musterungskommission erklärte mir deutlich: "Dann müssen Sie die Konsequenzen tragen." Ich: "Dass mache ich." Und: "Wir können dies hier auch beenden. Weil, mit ihnen rede ich nicht mehr." Im Raum stand eine zweijährige Haftstrafe. Jeden Tag bin ich daraufhin zum Briefkasten geschlichen. Eine Einberufung befand sich in den Wochen danach darin nicht.
Im Nachhinein erfuhr ich: es waren mittlerweile zu viele geworden, die 'Nein' gesagt hatten. Obwohl Freunde für ein paar Tage in Untersuchungshaft sassen - die DDR wollte die internationale Aufmerksamkeit um Hunderte von inhalftierten Wehrdiensttotalverweigerern auf Dauer nicht.
Heute bin ich 59. Und: ich würde wieder so handeln. Kein Staat, keine Nation, keine Regierenden sind es wert, dass man dafür mit dem eigenen Leben bezahlt.