Cap Verde: Inselhopping (II)

cap verde 2010 2 flugzeug santiago

Zu Jahresanfang hat der als 'Backpackerbibel' berüchtigte Reise-Verlag Lonely Planet seine zehn interessantesten Länder für 2011 vorgestellt. Zu den besten Dreien zählt Cap Verde. Ein Reisebericht in vier Teilen.


Gut eine Stunde vor Abflug kann man schon mal auf dem Flughafen erscheinen. "No stress" - die Lady am Check-In-Schalter gibt den Rhythmus vor, indem sie das Vorgängeschloss zudrückt und von dannen zieht.

In der Propellermaschine ist es dann heiß und eng. Neben mir telefoniert ein Buisnessman. Sonnenbrille auf, Sonnenbrille runter, Portemonnaie rein und raus (ahh, der Mann hat auch Kreditkarten), schließlich wird die die elegante Ledertasche wie ein Bongo traktiert. Rechts am Fenster schreit ein Kind. Die 'verdienten' Prügel des Vaters helfen da auch nicht weiter. Nach 40 Minuten hat der Alptraum ein Ende. Willkommen auf Santiago, meiner Insel Nummer Zwei.

Das Warten am Gepäckband wiegt den Flug auf. Nach einer halben Stunde wird eine etwas ältere Britin im farbenfrohen Hippiekleid ein wenig nervös. Der Koffer kommt und kommt nicht, auch wenn sie noch so sehr die Arme vor dem grauen Blazer wütend verschränkt. Man hab ich einen Hunger. Das Schnitzel in der Empfangshalle schmeckt.

cap verde 2010 2 praia bibliothekKurze Zeit später donnert mein Taxi durch die Vororte der Hauptstadt Praja. Überall Dreck, die Wäsche hängt auf der Straße. Fast wie einst in Mittelamerika. Da stand im Reiseführer vielleicht doch nicht alles. Plötzlich hält der Taxifahrer vor einem orange gestrichenen Gebäude. 'Hotel Hollandia' - genau hier wollte ich hin. Vor Schreck vergess ich fast den Rucksack im Kofferaum. Mitten im Slum empfängt mich die Frage: "Have you a reservation"?.
 
Die habe ich (natürlich) nicht. Aber so richtig voll schau das Etablissement auch nicht aus. Außerdem habe ich keine Lust heute noch weiter zu fahren. Denn in zwei Stunden wird es dunkel. Zum Palmenhain im Norden der Insel komme ich da nie und nimmer. Ein Zimmer findet sich, wenn auch ohne Bad und WC. Schon anderes gesehen. Seltsamerweise bin ich (bis jetzt) der einzige Gast.

Ich schleiche durch das Haus. Irgendwo kreischt ein Äffchen, auf den Brüstungen im Innenhof stehen Büsten, die alle irgendwie gleich aussehen. In der Bibliothek - in einem Seitenflügel auf dem Dach - fallen die Strahlen der Abendsonne auf eine opulente Bibliothek.

cap verde 2010 2 santiago unterwegsOrwell, Böll, Steinbeck, die Buddenbrocks, Kerouacs geniales "On the road". Es ist - wie immer - an den wirklich eindringlichen Plätzen der Welt: ein Buch gibt man, ein Buch nimmt man.
 
 Am nächsten Tag. 14 Leute und zwei Kleinkinder in einem Bus. Zwei Stunden Enge für fünf Euro. Würde ich doch nur ein wenig Portugiesisch sprechen. Ich bin auf den Weg in den Norden der Insel.

Am Fenster ziehen ein Paar Hügel vorbei, Tarrafel heißt das Ziel. 500 Meter feinster Sandstrand, Wellen auf denen man auch ohne Board surfen kann. Wenn man es geschickt anstellt, den richtigen Zeitpunkt für die bis zu drei Meter hohen Wellen erwischt.

cap verde 2010 2 tarrafalEntgegen der vielleicht vorherrschenden Auffassung - dass man seine Sachen in Afrika nicht am Strand liegen lassen sollte - in Tarrafel geht das. Cap Verde ist nur ein Stückweit Afrika. Von den Ferienfliegern bereits erschlossen, entfliehen hier immer mehr Deutsche der Kälte daheim.

Ich habe in zwei Wochen niemanden getroffen, der ernsthaft Magenprobleme hatte, sich nicht mit Leistungswasser die Zähne geputzt hat. Auch wenn die Reiseführer anderes schreiben und das Auswärtige Amt in seinen Sicherheitshinweisen einen auf Panik macht. So easy war ich selten unterwegs.

Nach drei Tagen finde ich mich wieder am Flughafen. Der Vulkan ruft. Fast steige ich in die falsche Maschine, weil zwei zur gleichen Zeit los fliegen. Der Irrtum ist schnell geklärt, auf gehts nach Fogo.

20 Minuten sind wir in der Luft. Vorbei am Pico, den ich nicht sehe, weil ich auf der falschen Seite sitze. Manchmal sollte man - den geborgten - Reiseführer auch lesen. Dann gehts im Sturzflug Richtung Landebahn, die wie aus dem Nichts erscheint. Die Flugzeugtür am Heck öffnet sich. Mann, hier ist es ja noch heisser!!

Drucken