+ Dokumentarfilm + 'Inside HogeSa' - Von der Strasse ins Parlament (92 min, interpool.tv, 2018) +


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Köln, am letzten Oktobersonntag 2014. Tausende von muskelbepackten Männern, die unter dem Motto 'Hooligans gegen Salafisten' (HogeSa) durch die Kölner Innenstadt ziehen. Hooligans, Türsteher, Rocker, Rechtsradikale. Die Demonstration endet in Ausschreitungen am Hauptbahnhof. Tagelang bestimmen die Ereignisse von Köln, bestimmt das Bild vom umgekippten Polizeibus, die Schlagzeilen. Die Öffentlichkeit fragt sich seither: wie konnte dies passieren? Warum haben die Sicherheitsbehörden geschlafen?

In der Folgezeit dominieren - in Ost wie West - 'Pegida'-Demonstrationen das Straßenbild. Im Herbst 2017 schließlich zieht die AfD erstmals in den Deutschen Bundestag ein. Politikwissenschaftler und LKA-Ermittler sind sich einig: 'HogeSa' hat für diese Entwicklung den direkten Anstoß gegeben.



In 'Inside HogeSa - Von der Straße ins Parlament' begleiten wir die Protagonisten der Szene vier Jahre lang. Zum ersten Mal reden rechte Hooligans,'Nationale Sozialisten' und 'Pegida'-Vertreter offen vor der Kamera. Ein 92-Minuten-langer Dokumentarfilm, der einen Einblick in eine Szene gibt, den es so vorher noch nicht gab. Der durchaus schockieren kann.

Wen der Trailer neugierig gemacht hat, kann sich gern den kompletten Film ansehen. Er kostet 4,99 (Ausleihe 48 Stunden) und 9,99 Euro (all). Zusätzlich bekommt er dann bei VIMEO die Interviews mit Tatjana Festerling und 'Captain Flubber' in voller Länge zu sehen. Der Film wurde von uns mit 10.000 Euro selbst finanziert. Aus Gründen der Unabhängigkeit haben wir auf eine Filmförderung und die Unterstützung öffentlich-rechtlicher Sender verzichtet.

sport inside: "Den Ball flach halten"


sport inside, 16.05.2011, 22:45 Uhr (WDR)

Der internationale Fußball sucht nach Wegen, sich vor der Gefahr von Wett- manipulation zu schützen und wähnt sich dabei bereits auf einem guten Weg. Doch die Wirklichkeit sieht anderes aus: Beim DFB spricht man von einer "Null-Toleranz-Strategie" gegenüber Fußballspielern, die in Manipulationen verwickelt waren, lässt sich mit den Bestrafungen aber Zeit. Die UEFA hat ermittelt, dass ein Mitglied der Schiedsrichterkommission und ein Ex-Schiri sich sportrechtlich illegal verhalten haben sollen. An weitereichenden Konsequenzen lässt sie es bis heute vermissen.

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Zürich, die Weltzentrale des Fußballs. Sepp Blatter hat geladen. Ein Stelldichein zum Thema Wettbetrug. Medienwirksam greifen die Funktionäre zu derben Sprüchen. Ihre Sorge gilt: der angeblich schönsten Nebensache der Welt.

Sepp Blatter (FIFA-Präsident):
Unser Spiel wurde in Geißelhaft genommen, von der Wettmafia"

Gianni Infantino (UEFA-Generalsekretär):
Das ist gleich einem Krebs, ein Krebsgeschwür, der irgendwo im Körper ist. Und den muß man rausholen."

Heltmut Sandrock (DFB-Sportdirektor):
„Der, der erwischt wird, den wir überführen können, der wird hart bestraft, der fliegt raus."
  

Knallharte Worte von Verbandsvertretern vor wenigen Wochen in Zürich.
Doch wie sieht die Wirklichkeit aus?!

In Bochum kann man sie sehen. Zwei Prozesse beschäftigen sich mit verschobenen Spielen, korrupten Fußballprofis und skrupellosen Zockern. Mittlerweile wurden drei Wettpaten zu langjährigen Haftstrafen verurteilt.

Andreas Bachmann (Staatsanwalt Bochum):
Ich habe diese Personen als Feinde des Fußballs in meinem Pladoyer bezeichnet, weil die ja nicht nur auf Jugendspieler eingewirkt haben und Karrieren beendet haben, sondern auch dazu beigetragen haben, dass Vereinen in wirtschaftliche Schwierigkeiten und in sportliche Schwierigkeiten dadurch gelangt sind, dass zum Beispiel der VfL Osnabrück, damals in der Spielzeit 2009 eben auch in den Abstiegsstrudel dadurch getrieben worden ist, dass eben bewusst Spiele verloren worden sind."

Beim Deutschen Fußballbund hat man eine andere Sicht der Dinge. DFB-Boss Theo Zwanziger sprach vor Kurzem noch davon, dass es „keine greifbaren Merkmale" für die Manipulation deutscher Fußballspiele gebe. Eine bemerkenswerte Einschätzung.

dfb_zentrale

Rückblick: als die Details im grössten europäischen Wettskandal öffentlich verkündet werden, ist der DFB nur Zaungast. Zu den Medien sprechen andere.

Kurze Zeit später räumt der Verband und sein Vertragspartner betradar öffentlich ein: bei den mutmaßlichen Manipulationen hätten die Frühwarnsysteme nicht angeschlagen.

Wochenlang muß der DFB auf Akteneinsicht in Bochum warten. Erst nach und nach werden Dutzende Spieler von der DFB-Disziplinarkommission zum Wettskandal befragt.

Noch gut in Erinnerung: der Fall des Schiedsrichters Robert Hoyzer. Bereits 2005 stand der DFB im Blickpunkt eines Wettskandals. Und bereits damals war seine Rolle öffentlich umstritten.

Stefan Conen (Rechtsanwalt Ante Sapina):
Schon im ersten Verfahren, sagen wir mal so, mußte er zum Jagen getragen werden. Und die Staatsanwaltschaft Bochum hat sich, vielleicht auch aus diesen Erfahrungen, nicht darauf eingelassen mit dem DFB gemeinsam ins Feld zu ziehen, sondern ihn ganz bewußt, so denke ich, außen vor gelassen, bis zum Abschluß der Ermittlung."

Sportrechtlich gesperrt sind bis heute nur sieben Fußballer. Und das bei Dutzenden von Verdächtigen. Bis heute ist bei dem früheren St. Pauli Profi René Schnitzler, der die Annahme von 100.000 Euro an Bestechungsgeld eingeräumt hat, über ein endgültiges Strafmaß noch nicht entschieden, er ist vorläufig gesperrt. Und der Ex-Osnabrücker Fußballprofi Thomas Cichon wurde - trotz belastender Aussagen in den Bochumer Prozessen - bisher nicht gesperrt. 

Norbert Weise (DFB-Kontrollausschuss):
Die Ermittlungen in Fall Cichon sind abgeschlossen. Wir haben Cichon selbst auch zweimal vernommen. Und nach den getroffenen Ermittlungen hat sich der Verdacht bestätigt, aus unserer Sicht. Wir sind aber gehindert, den Fall dem Sportgericht vorzulegen, weil Cichon nicht mehr der Strafgerichtsbarkei des DFB unterliegt, weil er in keinem Verein des DFBs ist. Der Fall Schnitzler. Da sind die Ermittlungen auch abgeschlossen. Wir werden da vorraussichtlich auch zu einem Strafantrag kommen."

Im aktuell laufenden Bochumer Wettskandalprozeß wurden - im Zusammenhang mit dem Hauptangeklagten Ante Sapina - noch weitere Spielernamen genannt. So geht aus der Anklageschrift hervor: Sapina hatte engen Kontakt zu dem ehemaligen Ulmer Fußballprofi Davor Kraljevic. Wörtlich heißt es:

 „Der Angeschuldigte Ante Sapina hat sich am 07.07.2010 geständig zu dem gegen ihn erhobenen Vorwurf eingelassen (Fallakte 2.5 Bl. 46). Danach habe er mit dem gesondert verfolgten Davor Kraljevic eine Manipulationsabrede dahingend getroffen, dass die Ulmer Mannschaft in der zweiten Spielhälfte das Spiel „verlieren soll (Fallakte 2.5 Bl. 47)."

Es geht um das Spiel Hessen Kassel - SSV Ulm am 13.Mai 2009. Eins von fünf deutschen Spielen in der Anklageschrift. Dieses Spiel soll verschoben worden sein. Im Blickpunkt: Davor Kraljevic und zwei weitere kroatische Spieler.

Wir wollen Davor Kraljevic zu den Vorwürfen befragen. Am Rande eines Bezirksligaspieles in Baden-Würtemberg finden wir ihn.

kraljevic

 „Frage: Es geht um den Wettskandal und ihre Verbindung zu Ante Sapina. Können sie dazu etwas sagen?
Davor Kraljevic: Nein, ich habe dazu nichts zu sagen.
Frage: Sie sind da mit genannt, in der Anklageschrift, die uns vorliegt. Als dejeniger, der das Spiel in Hessen Kassel mit manipuliert haben soll und dort 5.000 Euro ....
Davor Kraljevic: Das stimmt überhaupt nicht. Ich habe damit nichts zu tun."
Frage: Überhaupt nix?
Davor Kraljevic: Nee."

Telefonüberwachungsprotokolle aus dem Jahr 2009, die sport inside vorliegen, vermitteln ein anderes Bild. In den Gesprächen zwischen Kraljevic und Sapina geht es um detaillierte Spielabsprachen, bei denen auch Bestechungsgeld in Aussicht gestellt worden sein soll.

Davor Kraljevic: Ich habe fünf Jahre in Berlin gelebt und gespielt. Ich kenn dies Ante Sapina, aber mit Wettskandal habe ich nix zu tun gehabt und nie was gemacht.
Frage: Die abgehörte Telefonate, die es da zwischen ihnen ....
Davor Kraljevic: Auch nicht ...
Frage: Ist nicht zutreffend, oder?
Davor Kraljevic: Ich habe damit nix zu tun, mit Wettskandal habe ich nix zu tun. Und mehr habe ich nicht zu sagen. Alles andere ist absoluter Blödsinn."

Weitere Regionalligaspiele des SSV Ulm sollen im Herbst 2009 verschoben worden sein. Der Traditionsverein, ein ehemaliger Bundesligist, hat sich von dem öffentlichen Rummel nicht mehr erholt. Auch weil sich Sponsoren zurückzogen, hat der SSV Ulm mittlerweile Konkurs angemeldet.

Davor Kraljevic jedoch spielt immer noch. Vom DFB ist er, wie zwei andere unter Verdacht stehenden Ex-Ulmer-Spieler bis heute nicht gesperrt. Warum eigentlich?!

Norbert Weise (DFB-Kontrollausschuss)
Was meinen sie wie oft wir im Kontrollausschuss über den Fall Ulm gesprochen haben. Uns war bewußt, dass uns genau diese Frage gestellt werden wird, weil sie sich auch aufdrängt. Aber es ging eben nicht ohne die Erkenntnisse der Staatsanwaltschaft.

Frage: Und die lagen bis jetzt nicht vor?
Norbert Weise: Die sind jetzt kürzlich erst bei uns eingegangen.

Frage: Und wieso hat das so lange gedauert?
Norbert Weise: Offensichtlich weil der Vorgang bei der Staatsanwaltschaft auch erst kürzlich abgeschlossen wurde."

dfb_weise

Obwohl Kraljevic und seine zwei Mitspieler im November 2009 von Verein suspendiert wurden, hat der DFB bis heute nicht reagiert. Konsequenz sieht anders aus.

DIE UEFA. Im Gegensatz zum DFB war sie von Anfang an bei der Staatsanwaltschaft mit im Boot. Weil sie die Akten frühzeitig kannte, konnten zwei Schiedrichter gesperrt werden. Einer soll Kontakt zur Wettmafia gehabt, ein anderer ein europäisches WM-Quali-Match manipuliert haben.

Gianni Infantino (UEFA-Generalsekretär):
Rein die Tatsache, dass er es nicht mitgeteilt hat, das er kontaktiert wurde von einer kriminellen Organisation die ihn gefragt hat, ob er das Spiel manipulieren würde, rein diese Tatsache hat dazu geführt das wir ihn lebenslänglich gesperrt haben. Also zero tolerance.

'Zero tolerance' gegenüber mutmaßlich korrupten Schiedsrichtern. Doch offensichtlich nicht gegenüber Funktionären. So besitzt die UEFA-Hinweise, dass die beiden Ex-Schiedsrichter Josef Marko und Lubos Michel - Kontakt zu einem Hauptangeklagten des Bochumer Prozesses gehabt haben sollen. In einem vertraulichen UEFA-Bericht aus dem Januar 2010 ist in diesem Zusammenhang - mit Bezug auf abgehörte Telefonate - vom „Verdacht der Bestechung" die Rede.

Zumindest einer von Ihnen, Lubos Michel, war ein international renommierter Refereé. Im Juni 2006 pfiff er das Viertelfinale Deutschland - Argentinien bei der Weltmeisterschaft. Ein Schiedsrichter für die entscheidenden Spiele. Hinsichtlich der beiden ehemaligen slowakischen Schiedsrichter kommt der elfseitige interne UEFA-Bericht zu einem eindeutigen Resumee:

ZITAT:

„Aufgrund der Aktenlage dürften sich MICHEL und MARKO bewusst gewesen sein und können dies nicht abstreiten, dass sie mit einer äußerst dubiosen Figur aus der Wettbranche sportrechtlich illegale Vereinbahrungen getroffen hatten."

Josef Marko bestreitet jemals Kontakt zu einem Bochumer Wettpaten gehabt zu haben. Und Lubos Michel antwortet auf unsere Fragen nicht. Fest steht: bis heute blieb der UEFA-Bericht ohne sichtbare Konsequenzen. Von 'Zero Tolerance' offensichtlich keine Spur.

Auch die FIFA muss sich zwangsläufig um Verdächtiges kümmern. Im Februar wurden zwei Länderspiele von der asiatischen Wettmafia in der Türkei organisiert. Unter anderem die Partie Bulgarien - Estland. Eingesetzt wurden von den Wettpaten eigens eigene Schiedsrichter. In beiden Spielen fielen zusammen sieben Tore. Alle durch gepfiffene Elfmeter.

Marco Villiger (FIFA-Direktor Rechtsdienst):
Die große Frage ist dann immer, wann greift man ein. Und im Nachhinein ist es immer sehr einfach zurückzublicken und zu sagen: Ja, das war ja klar. Aber vor dem Spiel wissen Sie halt vieles noch nicht."

FIFA-Zentrale. Der Chef von interpol fährt vor. Ein PR-Termin zum Thema Wettmanipulation. Eine 20 Millionen-Spende der FIFA an die europäische Polizeibehörde soll es richten. Werbewirksam, drei Wochen vor der FIFA-Präsidentenwahl. Sepp Blatter macht es möglich. Ein Auftritt bei dem es eigentlich um andere Dinge geht. Der Kampf gegen Wettmanipulationen ist dabei nur schmückendes Beiwerk.

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