Doping-Studie: Manipulationen im Fußball

Beitragsseiten


Donike wiederholte zur selben Zeit die Forderung nach Dopingtests an die Adresse des Handballs und Fußballs und kritisierte dabei insbesondere die Kommunikationsverweigerung des DFB: „Bisher hat der Deutsche Fußball-Bund überhaupt nicht reagiert, wenn wir ihn angeschrieben haben.“196

Im Juni 1986 sah Donike erneut Anlass zur Kritik am DFB. Heinz Liesen von der Sporthochschule Köln begleitete als Mannschaftsarzt die Nationalelf zu den WM-Spielen nach Mexiko. Da die Spieler vor der WM einen erschöpften Eindruck gemacht hatten, fiel die deutliche Überlegenheit der Mannschaft bei der Weltmeisterschaft auf. Die Aufmerksamkeit der Presse zog Liesen auf sich, weil er den Spielern bei der WM bis zu sieben Injektionen pro Tag verabreichte; von 1.500 Ampullen wurde berichtet.197 Den Berichten zufolge spritzte Liesen u. a. Immun-Stimulanzien und Vitamin B12. Hinzu kam Trasylol unmittelbar vor den Spielen, damit die Spieler nach Liesens Begründung in der Hitze einen „einigermaßen klaren Kopf behalten“.198 Toni Schumacher kritisierte später auch die Pillen, die zu den Spritzen noch hinzu kamen:

„Jeden Mittag schluckten wir zu unserem Elektrolytgesöff haufenweise Tabletten: Eisen, Magnesium, Vitamin B in Höchstdosis, Vitamin E, ein paar Hormönchen für die Höhenanpassung …“199

Die medikamentöse Behandlung der Fußball-Nationalmannschaft galt als bis dahin komplexeste und finanziell aufwendigste sportmedizinische Versorgung. Auf die Presseberichte hin kritisierte Donike Liesens Behandlung der Spieler mit deutlichen Worten: Der Hochleistungssport, so Donike, dürfe nicht zum „Spritzensport“ verkommen.200

Was ethisch gegen einen „Spritzensport“ im Namen der „Substitution“ erschöpfter Leistungsreserven angesichts der hohen Trainings- und Wettkampfbelastung spricht, soll an dieser Stelle nicht noch einmal eigens ausgeführt werden. Kommen wir stattdessen noch einmal auf den grundsätzlichen Sachverhalt zurück, dass der DFB Donikes immer wieder erneuerten Forderung nach Dopingkontrollen unter Berufung auf die 1977 vom

____________
196 „Donike fordert Doping-Tests im Training“, SID-Artikel vom 01. November 1985.
197 Vgl. „Kölner Sportmediziner Heinz Liesen überzeugte bei der zweiten Mexiko-Tour auch die Skeptiker. Mit der Pharma-Spritze gegen die Hitze. Die deutschen Spieler sollen klaren Kopf behalten – Bis zu sieben Injektionen pro Tag – 200 000 Mark Kosten“, Artikel im Kölner Stadtanzeiger vom 14./15. Juni 1986.
198 Ebenda.
199 Schumacher, T. (1987), 110.
200 Vgl. „Grotesk und lächerlich“: Donike-Kritik an ‚geheimen‘ Doping-Tests“, SID-Artikel vom 25. Juni 1986.
515

Drucken