Doping-Studie: Manipulationen im Fußball

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Ein Jahr später, im Dezember 1978, häuften sich erneut Meldungen in der Presse über Medikamentenmissbrauch im Fußball. Unter anderem wurde Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt, Vereinsarzt beim FC Bayern-München, mit den Worten zitiert, er wisse, „daß in der Bundesliga hin und wieder gedopt wird“.182 Es wurde von einem unter Bundesligaspielern weit verbreiteten Missbrauch des entzündungshemmenden Mittels Cortison berichtet, welches nicht nur in Gelenke, sondern auch intravenös gespritzt wurde. Nach Einschätzung von Müller-Wohlfahrt gelangte man dadurch „in eigentlich unantastbare Bereiche, wo jede natürliche Leistungsgrenze aufgehoben ist, wie bei jemandem, der um Leben und Tod kämpft“.183 Wenngleich in sehr zurückhaltender Weise, empfahl Müller-Wohlfahrt sogar, „in allernächster Zeit etwas [zu] unternehmen und Stichproben [zu] machen“ und zeigte auch ein Bewusstsein der grundsätzlichen Problematik: „Dahinter steht der Erfolgszwang.“184

Von Donike aus zweiter Hand bezeugt sowie von einem auf Anonymität bedachten, „prominenten Sportmediziner“ und von Bayern-München-Spielern aus erster Hand berichtet wurde auch die Einnahme von Captagon (Wirkstoff: Fenetyllin) zur Leistungssteigerung.185 Bemerkenswerterweise war Captagon-Missbrauch im Fußball noch 1987 ein Thema, als Franz Beckenbauer im Interview die Möglichkeit zugab, „daß im Kampf um die Meisterschaft oder gegen den Abstieg heimlich von Spielern etwas genommen wird“, um dann allerdings sofort die Gefährlichkeit der Captagon-Tablette zu bestreiten.186 Der Torwart Toni Schumacher bekannte in seinem Enthüllungsbuch „Anpfiff“ aus demselben Jahr, ebenfalls Captagon eingenommen zu haben. „Beliebt“ seien auch „diverse Hustensäfte, die den Wirkstoff Ephedrin enthalten“. Schumacher weiter zur Wirkung: „Auch diese Substanz, so erfuhr ich, fördert die Angriffslust, erhöht die Ausdauer und die Widerstandsfähigkeit.“187 Eingesetzt wurden die Aufputschmittel

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182 „Doping auch beim Fußball im Spiel: Ein Schuß, der müden Kickern Beine macht. Als Heilmittel gegen den Sündenfall empfehlen Bundesliga-Ärzte Optimierung des Trainings“, Süddeutsche Zeitung, 02./03. Dezember 1978.
183 Ebenda.
184 „Bayern Münchens Vereinsarzt prangert Medikamentenmißbrauch an: Manche Fußballtrainer halten Spieler zum Doping an“, Zeitungsartikel vom 25. November 1978.
185 Vgl. „Vier gaben zu: Bayern-Spieler gedopt. Es passierte immer kurz vorm Anpfiff im Duschraum“, Artikel in der BILD-SPORT vom 06. Dezember 1978; „Doping – was wirklich wahr ist …“, BILD-Artikel vom 07. Dezember 1978.
186 Artikel in der Welt am Sonntag vom 08. März 1987.
187 Schumacher, T. (1987), 119 f.
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